Der Begriff der „oberen Brust“ sorgt in Fitnessstudios immer wieder für Diskussionen – besonders dann, wenn es um gezieltes Muskeltraining geht. Übungen wie Schrägbankdrücken stehen dabei häufig im Fokus. Kritiker verweisen jedoch auf die Anatomie. Der sogenannte *Musculus pectoralis major* sei ein einziger Muskel, fächerförmig aufgebaut, und lasse sich nicht in obere oder untere Abschnitte unterteilen. Doch diese Sichtweise greift zu kurz, wenn man den Muskel im Trainingskontext betrachtet.
Unterschiedlichen Ursprungszonen werden gerne übersehen
Denn obwohl der große Brustmuskel anatomisch eine Einheit bildet, zeigen sich bei genauerer Analyse Unterschiede in seiner inneren Struktur. Der Muskel entspringt aus verschiedenen Bereichen, am Schlüsselbein, am Brustbein mitsamt den oberen Rippen sowie im Bereich über den geraden Bauchmuskeln. Diese unterschiedlichen Ursprungszonen führen dazu, dass sich die Muskelanteile bei bestimmten Übungen unterschiedlich stark ansprechen lassen. Dies bestätigen auch elektromyografische Untersuchungen, die eine höhere Aktivierung des sogenannten claviculären Anteils – also des Schlüsselbeinbereichs – beim Schrägbankdrücken mit etwa 30 Grad Neigung nachweisen konnten. Umgekehrt zeigen sich bei negativem Bankdrücken oder Dips verstärkte Reize in den unteren Faserbereichen.
Ein Muskel, verschiedene Reize
Die neuromuskuläre Ansteuerung einzelner Fasergruppen ist also durchaus selektiv möglich – trotz der anatomischen Einheit des Muskels. Das hat nicht nur optische, sondern auch funktionelle Relevanz. Wer auf ein ausgewogenes, voll entwickeltes Brustbild hinarbeitet, profitiert davon, verschiedene Trainingswinkel und Belastungsmuster zu nutzen. Entscheidend ist dabei nicht, ob man den Muskel begrifflich aufteilt, sondern ob man versteht, dass seine Fasern je nach Bewegungsrichtung, Griffweite und Körperposition unterschiedlich reagieren können.
Auch für Leistungssportler kann ein differenziertes Brusttraining Vorteile bringen, etwa bei Überkopfbewegungen oder sportartspezifischen Anforderungen. Das gezielte Training der „oberen Brust“ ist also kein Mythos, sondern vielmehr ein sinnvoller Bestandteil eines ganzheitlichen und durchdachten Trainingsansatzes.